Stensen-Kreis-Rostock, 7. Mai 2015, 19.30 Uhr
Ort: Gemeindezentrum der Christuskirche, Häktweg 4-6, 18057 Rostock

Referent: Christoph Bräutigam, Berlin

Vor 100 Jahren ereignete sich der Höhepunkt der Vertreibung und Vernichtung der armenischen Bevölkerung in Zentral- und Ostanatolien, ihre Deportation in die syrische Wüste und Pogrome - schwerpunktmäßig in den Siedlungsgebieten Ostanatoliens zwischen dem Schwarzen Meer und der heutigen syrischen Grenze.
Schon seit der Jahrhundertwende hatte die jungtürkische Bewegung, aus der auch der Gründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal gen. Atatürk, hervorging, die Idee eines "reinen Türkentums" vertreten. Damit gerieten die Kurden, die Aleviten, die Jesiden, die assyrischen Christen und besonders die Armenier in den Fokus einer Politik der ethnischen Säuberung.

Das Osmanische Reich wurde über 400 Jahre seiner Existenz zwar muslimisch regiert, jedoch von einer christlichen Mehrheitsbevölkerung bewohnt. Daraus entwickelten sich Mechanismen des meist friedlichen Ausgleichs der Interessen der verschiedenen Völker, die ihre größten Störungen erst im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss der Kolonialmächte erfuhren.

Die Vernichtung des armenischen Volkes vollzog sich indes nicht unbemerkt. Neben dem prominenten Roman von Franz Werfel "Die vierzig Tage vom Musa Dagh" gab es eine Reihe von Zeitzeugenberichten von Missionaren, Konsularbeamten, Angehörigen der kaiserlichen Reichswehr, die mit dem osmanischen Reich verbündet in die Ereignisse verwickelt war.
Stellvertretend für viele sei hier nur Johannes Lepsius genannt. Mithilfe dieser Zeitzeugenberichte vollzieht der Vortrag die Chronologie der Ereignisse nach und fragt nach den Ursachen und bis heute reichenden Folgen.