Im Frühjahr 1988 gelang es – nach langen und zähen Verhandlungen zwischen Staat und Kirche in der DDR, und gegen alle Erwartungen – eine Erlaubnis zu bekommen damit eine Anzahl von Katholiken aus Mecklenburg nach Rom fahren könnten um an der Seligsprechung von Niels Stensen am 23. Oktober teilnehmen zu können. Das ehemalige Regime in der DDR war sehr zurückhaltend, Genehmigungen für Auslandsreisen auszustellen, weil man erfahren hatte, dass viele die Gelegenheit nutzten im Westen zu verbleiben.

Die Anzahl der Genehmigungen wurde auf 150 festgelegt und eine Reihe von Forderungen wurde an den Teilnehmern gestellt um zu sichern, dass sie wieder zurückkehrten. Von den kirchlichen Behörden in Schwerin geholfen mussten sie eine große bürokratische Übung machen, bevor die Papiere in Ordnung waren; jeder Antragsteller musste zum Beispiel 8 Passfotos einliefern. Die Reise fand mit dem Zug von Berlin nach Wien statt, und dann weiter mit Bussen. Während der zwölftägigen Reise besuchte man auch Padua, Assisi, die wichtigsten Kirchen und eine Katakombe in Rom. Auf den Rückweg wurden Siena, Florenz und Wien besucht. In Rom schlossen die Katholiken aus der DDR sich den Pilgern aus der Bundesrepublik an.

Niemand konnte im Herbst 1988 wissen, dass die Berliner Mauer ein Jahr später umfallen würde, und es gibt keinen Zweifel, dass die ostdeutschen Katholiken durch die Reise gestärkt wurden und dass es ein großes Erlebnis für sie war.

Der tatkräftige und ideenreiche Leiter des katholischen Heinrich-Theissing-Instituts in Schwerin, Dr. Georg Diederich, hat ein Buch von 200 Seiten redigiert: "Auf Pilgerreise mit Niels Stensen". Das Buch wurde anlässlich eines Doppeljubiläums veröffentlicht, denn in diesem Jahr sind 375 Jahre nach der Geburt Niels Stensens und 25 Jahre nach der Seligsprechung verlaufen. Das Buch besteht aus vier Kapiteln:

Erstens: Eine Dokumentation der Pilgerreise der DDR-Katholiken mit Kopien vieler Dokumente und Reisepläne. Hier sind auch die Morgenandachten im Rundfunk des Osnabrücker Bischofs, Ludwig Averkamp, die die Seligsprechung vorbereitete.

Der Kern des zweiten Kapitels sind die persönlichen Reflexionen der Kunsthistorikerin und Schriftstellerin Renate Krüger aus ihrem Reisetagebuch. Renate Krüger ist seit vielen Jahren die "grand old lady" von Schwerin im Hinblick auf die Kenntnisse von Niels Stensen zu fördern. Der Abschnitt ist mit vielen Fotos von der Reise illustriert.

Das dritte Kapitel besteht aus sechs älteren Texten von den dreißiger Jahren, die die frühen Phasen von den Bestrebungen um einer Seligsprechung Niels Stensens betreffen. Drei von diesen Texten wurden von P. Gustav Scherz CSsR aus Dänemark abgefasst; er war ein Pionier auf diesem Gebiete.

Das vierte Kapitel enthält eine Reihe von neueren Beiträgen über Niels Stensen. Die meisten stammen von einer Jubiläumstagung her, die man in Schwein im November 2011 anlässlich des 325-Jahres seines Todes abhielt. Das Kapitel wird mit dem Beitrag des Stensen-Forschers und -Schriftstellers Hermann Wieh über die Spiritualität Stensens, und die Ausstellung wird erwähnt. Es gab auch zwei dänische Beiträge bei der Jubiläumstagung (J. Nybo Rasmussen und der Rezensent). Es gibt einen Bericht über den Guss einer Kopie der Stensen-Büste des dänischen Bildhauers Hartmann von 1886 (in der Herz-Jesu-Kirche in Stenosgade und einigen anderen Orten in Kopenhagen zu sehen) für die Niels-Stensen-Schule in Schwerin. Ein paar aktuelle Bücher werden vorgestellt, hierunter das Buch für Kinder und Jugendliche (Niels Stensen zwischen zwei Welten), das in diesem Herbst auf Dänisch erschien, was auch erwähnt wird. Das Buch endet mit Erzbischof Werner Thissens Schenkungsurkunde an Bischof Czeslaw, worin die 1.000 Exemplare der dänischen Ausgabe dem Bistum Kopenhagen übergeben werden.

Das Buch ist ein weiteres Beispiel der gründlichen historischen und gesellschaftlichen Dokumentation, die vom Heinrich-Theissing-Institut in Schwerin hervorgeht. Es kann beim Institut bestellt werden, siehe die Homepage: http://www.hti-schwerin.de/ oder aus der Sankt-Andreas-Bibliothek geliehen werden.

Helge Clausen, Katholisches Wochenblatt "Katolsk Orientering", Kopenhagen